Die Arbeitswelt in Österreich – Übersicht
Dieses StartWien-Video gibt Ihnen einen Überblick über die Arbeitswelt in Österreich und Ihre Rechte und Pflichten als Arbeitnehmer*in.
Hier ist ein kompakter, praxisnaher Überblick zur Arbeitswelt in Österreich und den wichtigsten Rechten und Pflichten als Arbeitnehmer*in.
Video-Stadtwien: start.wien.gv.at
Arbeitsverhältnis: Formen und Grundlagen
- Unbefristeter Arbeitsvertrag: Standardform; endet durch Kündigung, einvernehmliche Auflösung oder Entlassung/Austritt.
- Befristeter Arbeitsvertrag: Endet automatisch zum vereinbarten Datum; mehrfache Befristungen sind nur eingeschränkt zulässig.
- Teilzeit/Vollzeit: Vollzeit meist 38,5–40 Stunden je nach Kollektivvertrag; Teilzeit mit anteiligen Rechten.
- Geringfügige Beschäftigung: Monatliche Geringfügigkeitsgrenze (2025: ca. 518 EUR brutto, jährlich valorisiert). Unfallversicherung inklusive; Kranken-/Pensionsversicherung nur freiwillig/bei Überschreitung.
- Leiharbeit/Arbeitskräfteüberlassung: Zusätzliche Schutzvorschriften, Gleichbehandlungsgrundsatz, Zuschläge je nach Einsatzbetrieb.
- Freier Dienstvertrag/Neue Selbstständige: Nicht arbeitsrechtlich klassisch, weniger Schutzrechte als echte Arbeitnehmer*innen. Abgrenzung wichtig (Weisungsgebundenheit, Eingliederung, Kontrollrechte).
Vertrags- und Kollektivrecht
- Arbeitsvertrag: Schriftlich empfohlen; muss Mindestinhalte haben (Tätigkeit, Entgelt, Arbeitszeit, Arbeitsort, Beginn, Kündigungsfristen). Anspruch auf Dienstzettel.
- Kollektivvertrag (KV): Gilt in der Regel kraft Zugehörigkeit des Betriebs zur Fachgruppe/Branche. Regelt Mindestgehälter, Arbeitszeit, Zulagen, Urlaubszuschuss/Weihnachtsremuneration usw.
- Betriebsvereinbarung: Zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber; darf nur regeln, was gesetzlich vorgesehen ist (z. B. Gleitzeit, Arbeitszeitmodelle, IT-Nutzung).
- Gleichbehandlung: Verbot der Diskriminierung (Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion, sexuelle Orientierung, Behinderung). Entgeltgleichheit: gleicher Lohn für gleiche/gleichwertige Arbeit.
Arbeitszeit, Ruhezeiten, Überstunden
- Normalarbeitszeit: Grundsätzlich 8 Stunden pro Tag, 40 pro Woche (KV kann 38–39 vorsehen).
- Gleitzeit: Möglich bei BV bzw. schriftlicher Vereinbarung; Kernzeiten und Durchrechnungszeitraum.
- Überstunden: Zuschlag mindestens 50 % oder Zeitausgleich (1,5 Std je Überstunde), Sonn-/Feiertags-/Nachtarbeit oft höhere Zuschläge laut KV.
- Ruhepausen: Ab 6 Std Arbeit 30 Minuten Pause (unbezahlt, wenn nichts anderes vereinbart).
- Tägliche Ruhezeit: Mindestens 11 Stunden zwischen zwei Diensten.
- Wöchentliche Ruhezeit: 36 Stunden am Stück, meist Samstag 13:00 bis Sonntag (abweichungen per KV möglich).
- Arbeitszeitaufzeichnungen: Arbeitgeber muss führen; kontrollieren und berichtigen lassen.
Entgelt, Sonderzahlungen, Abzüge
- Mindestlöhne: In Österreich meist über Kollektivverträge; Zielniveau 1.700 EUR brutto/Monat (40 Std), branchenspezifisch.
- Sonderzahlungen: Urlaubszuschuss (13.) und Weihnachtsremuneration (14.) in fast allen KVs – typischerweise je ein Monatsentgelt, aliquot bei Ein-/Austritt.
- Entgeltfortzahlung: Bei Krankheit/Unfall abhängig von Dienstjahren (z. B. 6–8 Wochen volle, dann teilweise Fortzahlung), danach Krankengeld von der ÖGK.
- Abzüge: Lohnsteuer, SV-Beiträge (Kranken-, Unfall-, Pensions-, Arbeitslosenversicherung), evtl. Wohnbauförderungsbeitrag, Kammerumlage.
- Lohnzettel/Abrechnung: Anspruch auf verständliche monatliche Abrechnung. Unklare Posten sofort klären.
Urlaub, Pflegefreistellung, Abwesenheiten
- Urlaub: 5 Wochen/Jahr, ab dem 26. Dienstjahr 6 Wochen. Erwerb anteilig im ersten Jahr, danach voller Anspruch zu Jahresbeginn.
- Verbrauch: Im Einvernehmen; Urlaub einseitig anordnen oder nehmen ist unzulässig (Ausnahmen Notbetrieb). Urlaub muss bezahlt sein.
- Pflegefreistellung: Bis zu 1 Woche pro Arbeitsjahr für Pflege naher Angehöriger oder Betreuung eines erkrankten Kindes; bei erneutem Bedarf in derselben Krankheit oft zweite Woche möglich.
- Sonderurlaube: KV/Arbeitsvertrag kann zusätzliche Freistellungen regeln (z. B. Hochzeit, Geburt, Todesfall).
- Bildungskarenz/-teilzeit: Unter Bedingungen möglich (mind. 6 Monate Dienstverhältnis; AMS-Bezug von Weiterbildungsgeld).
Krankheit, Unfall, Mutterschutz, Elternkarenz
- Krankenstand: Unverzüglich melden, ärztliche Bestätigung auf Verlangen. Kündigung im Krankenstand ist nicht automatisch unwirksam, aber besonderer Schutz gegen Motivkündigung.
- Arbeitsunfall/Berufskrankheit: Meldepflicht; Unfallversicherung deckt Heilbehandlung/Reha.
- Mutterschutz: Beschäftigungsverbot 8 Wochen vor bis 8 Wochen nach Geburt (bei Früh-/Mehrlingsgeburten 12/12). Kündigungs- und Entlassungsschutz ab Bekanntgabe der Schwangerschaft bis 4 Monate nach Ende der Karenz.
- Elternkarenz: Bis zum 2. Geburtstag des Kindes (Aufteilung möglich), Anmeldefristen beachten. Anspruch auf Elternteilzeit unter Voraussetzungen.
- Papamonat/Frühkarenz: 1 Monat unbezahlte Freistellung für leibliche Väter/Co-Mütter kurz nach Geburt (Bezug Familienzeitbonus möglich).
Kündigung, Beendigung, Zeugnis
- Kündigungsfristen: Für Angestellte meist 6 Wochen bis 5 Monate je nach Dienstzeit (Arbeitgeberkündigung); Arbeitnehmerkündigung meist 1 Monat, Abweichungen per Vertrag möglich. Bei Arbeiter*innen gelten seit 2021 Angestelltenfristen (Ausnahme Saisonbranchen).
- Kündigungstermine: Monatsende, evtl. Quartalsende je nach Vertrag.
- Einvernehmliche Auflösung: Jederzeit im Konsens; schriftliche Fixierung empfohlen. Achtung Sperrfrist beim AMS (in der Regel nein, aber kein Anspruch auf Kündigungsentschädigungen).
- Entlassung/Austritt: Nur aus wichtigem Grund; sofort wirksam. Falsche Einstufung kann angefochten werden.
- Abfertigung: System „neu“ seit 2003 – 1,53 % vom Brutto an MV-Kasse; Auszahlung bei Beendigung je nach Folgeereignis (z. B. bei Selbstkündigung bleibt Anspruch in der Kasse). Altsystem nur für sehr lange Dienstverhältnisse vor 2003.
- Dienstzeugnis: Anspruch auf einfaches oder qualifiziertes Zeugnis. Wohlwollend, keine negativen Codes.
Arbeitsschutz und Gesundheit
- Arbeitsplatzevaluierung: Arbeitgeber muss Gefahren evaluieren und Maßnahmen setzen.
- Persönliche Schutzausrüstung, Unterweisungen: Pflicht des Arbeitgebers bereitzustellen/anzubieten; Pflicht der Arbeitnehmer*innen zur Verwendung.
- Bildschirmarbeit/Homeoffice: Ergonomie, Pausen, Vereinbarungen zu Arbeitsmitteln und Kostenersatz (z. B. Internet, Strom) sinnvoll; seit 2021 steuerliche Homeoffice-Regelungen.
- Mobbing, sexuelle Belästigung, Gewalt: Arbeitgeber hat Schutzpflicht; Betroffene haben Anspruch auf Abhilfe, Schadenersatz. Dokumentieren, Betriebsrat/AK kontaktieren.
Mitbestimmung und Interessenvertretung
- Arbeiterkammer (AK): Pflichtmitgliedschaft; kostenlose Beratung/Vertretung in arbeits- und sozialrechtlichen Fragen.
- Gewerkschaften (ÖGB/Fachgewerkschaften): Unterstützung, Kollektivvertragsverhandlungen, Rechtsschutz für Mitglieder.
- Betriebsrat: Ab bestimmter Betriebsgröße wählbar; Mitbestimmungsrechte, Kündigungsschutz der Mitglieder.
- Gleichbehandlungsanwaltschaft/Bundessozialamt: Anlaufstellen bei Diskriminierung/Behinderung.
Steuern und Sozialversicherung
- SV-Träger: Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), Pensionsversicherung (PVA), Unfallversicherung (AUVA), Arbeitslosenversicherung (AMS).
- Lohnsteuerjahresausgleich/Arbeitnehmerveranlagung: Rückerstattung möglicher zu viel gezahlter Steuern; Werbungskosten, Sonderausgaben, außergewöhnliche Belastungen geltend machen.
- Pendlerpauschale, Familienbonus Plus, Alleinverdiener-/Alleinerzieherabsetzbetrag: Prüfen, ob Anspruch besteht.
Aufenthalt und Beschäftigung (für Drittstaatsangehörige)
- Rot-Weiß-Rot – Karte: Punktesystem; Bindung an Arbeitgeber/Tätigkeit; nach 2 Jahren Karte plus möglich.
- Beschäftigungsbewilligung/Saisonarbeit: Besondere Regeln und Kontingente.
- Anerkennung von Qualifikationen: Nostrifikation/Anrechnung; Deutschkenntnisse oft Voraussetzung.
Ihre Pflichten als Arbeitnehmer*in
- Arbeitspflicht: Leistung der vereinbarten Arbeit nach bestem Wissen; Einhaltung von Weisungen, soweit rechtmäßig.
- Treuepflicht: Wahrung der Interessen des Arbeitgebers, Verschwiegenheit, Verbot von Konkurrenz während des Dienstverhältnisses.
- Sorgfaltspflicht: Ordnungsgemäße Verwendung von Arbeitsmitteln, Sicherheit einhalten, Schäden vermeiden.
- Meldepflichten: Krankenstand, Dienstverhinderung, Nebenbeschäftigung (falls vereinbart meldepflichtig).
- Wettbewerbs- und Nebentätigkeiten: Konkurrenzklauseln nur eingeschränkt wirksam (Dauer, Entgeltgrenzen, Konventionalstrafe). Nebentätigkeiten zulässig, wenn keine Interessenverletzung.
Durchsetzung Ihrer Rechte: Praktische Tipps
- Alles schriftlich festhalten: Arbeitsvertrag, Änderungsvereinbarungen, Überstundenanordnungen, Urlaubsvereinbarungen, Krankmeldungen.
- Lohn und Einstufung prüfen: KV-Einstufung (Verwendungsgruppe, Berufsjahre) und Zulagen kontrollieren.
- Fristen kennen: Anfechtung von Kündigungen/Entlassungen hat kurze Fristen (oft 2 Wochen). Sofort beraten lassen.
- Belege sammeln: Zeitaufzeichnungen, Dienstpläne, E-Mails, Lohnabrechnungen.
- Früh Hilfe holen: AK, Gewerkschaft, Betriebsrat. Bei Diskriminierung früh dokumentieren und melden.
Nützliche Links/Anlaufstellen
- Arbeiterkammer (AK): arbeiterkammer.at – Ratgeber, KV-Rechner, Musterbriefe, Beratung.
- ÖGB/Gewerkschaften: oegb.at – Zuständige Fachgewerkschaft suchen.
- Österreichische Gesundheitskasse: gesundheitskasse.at – Krankenstand, e-card, Leistungen.
- AMS: ams.at – Arbeitslosmeldung, Bildungskarenz, Förderungen.
- Help.gv.at: help.gv.at – Offizielle Informationen zu Arbeit und Recht.
- Gleichbehandlungsanwaltschaft: gba.gv.at – Unterstützung bei Diskriminierung.
- Arbeitsinspektion: arbeitsinspektion.gv.at – Sicherheit und Gesundheitsschutz.
ARBEITSRECHT (PDF): wien.arbeiterkammer.at/service/broschueren/Arbeitsrecht/Arbeitsrecht_rg_bf.pdf
Hinweis:
Die oben dargestellten Informationen entsprechen dem Rechts- und Faktenstand September 2025. Gesetzesänderungen, Kollektivvertragsabschlüsse und Richtlinien können sich ändern. Bitte prüfen Sie bei konkreten Fragen aktuelle Quellen (z. B. Arbeiterkammer, help.gv.at, zuständiger Kollektivvertrag).
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